Direkt zum Hauptbereich

Vom Gym auf die MOS

 Mitten in der Oberstufe des Gymnasiums habe ich damals die Schule gewechselt und bin auf die Montessori FOS in Nürnberg gestoßen. Und auf diese Schule zu gehen, war eine ganz wunderbare Entscheidung! Hier ist meine ganz persönliche Sicht:

 

Rückblickend, im Vergleich mit der MOS, kann ich meine alte Schule nun mit neuen Augen betrachten, und sehe mit Erschrecken, wie wenig meine dortigen Lehrer eigentlich mit ihren Schülern in einem guten Kontakt waren, und wie sehr wir alle in dieser großen Maschinerie in Form eines alten grauen Kastens steckten. (Ich möchte dazu anmerken, dass es natürlich auch gute Seiten gab, und gute Lehrer. Aber über den großen Rest muss ich mal schimpfen!) 



Denn es geht ganz offensichtlich auch anders. Ich weiß nicht, wie es an einer ursprünglichen Montessori Schule ist, denn soweit ich weiß, hat unsere FOS auch schon einige staatliche Züge angenommen (so wie Noten und Frontalunterricht), damit wir Schüler hier ein gültiges Abitur schreiben können. Vom Gymnasium gekommen, erfuhr ich aber ganz wunderbare Veränderungen. Das fängt schon damit an, dass wir weder Exen schreiben, noch bloßstellende Abfragen an der Tafel haben – was in meinen Augen auch total Sinn ergibt, weil kein Schüler sich jeden Tag auf mehrere Fächer vorbereitet. Das ist auch einfach nicht möglich! Und ja, Bloßstellen ist in meiner alten Schule nichts Seltenes. Ich hatte selbst in der 11. Klasse noch Angst vor meinem Mathelehrer und seinen Abfragen! 

 

Eigentlich waren wir wie in einer riesigen Maschinerie: ich war eine von fast tausend und damit quasi ein Niemand. Vielleicht war ich noch das stille Mädchen mit den guten Noten, das nicht negativ auffiel. Alle haben irgendwie das Gleiche gemacht, alle hatten den gleichen Weg zu gehen. Manche haben es geschafft und der Rest ist halt durchgerasselt. Was juckte das so manchen Lehrer? 

 

Wie erstaunt war ich dann über das familiäre Klima der MOS! Weniger Schüler sind wir, und ich bin ganz eindeutig nicht Niemand! Es gibt deutlich mehr Raum für unser Selbst und unsere Meinungen und viel mehr (oder überhaupt) selbstständiges Arbeiten, zu dem wir uns dann oft im Haus verteilen. Im Gym wäre das unmöglich gewesen. Aber so selbstständig lerne ich viel besser und lieber! Und niemand wird fallen gelassen, meinen Erfahrungen nach wird sich sehr bemüht, dass es jeder schafft. Noch erstaunter war ich, als ich sah, wie sehr wir in Entscheidungen mit einbezogen werden: Dieses Jahr hatten wir, die 13. Klasse, eigens eine Klassleiterstunde einmal in der Woche, in der wir unsere Wünsche und Anregungen besprechen konnten. Immer wieder sind unsere Lehrer mit uns ins Gespräch gegangen: Wie wollen wir den Unterricht vor dem Abi gestalten? Wie in der Corona-Zeit? Jedenfalls soweit es etwas zu bestimmen gab.



Kein Wunder, dass die Beziehung zwischen den Lehrern und uns Schülern oft so gut, eigentlich kameradschaftlich ist. Wer sich jetzt noch beklagen will, soll sich das Gym anschauen: Was ist das für eine Schule, wo so viel mit Druck und Angst, und so wenig mit Beziehung gearbeitet wird! Bei manchen Lehrern weiß ich nicht zu sagen, warum sie diesen Beruf überhaupt gewählt haben. Viele leiern ihren Unterricht ohne erkennbare Sympathien für irgendwas herunter und zählen schon die Tage bis zur Rente.

In der MOS dagegen haben wir auch viele junge Lehrer, von denen man deutlich merkt, dass sie ihren Beruf lieben, dass sie mit Herz dabei sind und den Kontakt zu den Schülern gerne haben. Und anders als meistens auf dem Gym erlebe ich hier Kontakt auf Augenhöhe. 

Eben habe ich mit einem Schmunzeln gedacht, dass ich in letzter Zeit eigentlich oft jemandem erzähle, dass ich den oder die von den Lehrer*innen so gerne mag. Es gibt eigentlich auch niemanden, mit dem ich gar nicht zurecht komme. Wie wunderbar! Und gerade dieses Jahr haben wir auch umgekehrt von den Lehrern die Rückmeldung bekommen: „Ihr habt auch in Corona-Zeiten so gut mitgearbeitet – Lob an euch“. Nun ja, wie es in den Wald hinein schallt, schallt es auch wieder heraus, oder?



 

Will noch jemand auf Montessori herabschauen? Ich würde sagen, nehmt euch ein Beispiel an UNS!

 

Als zurückhaltender und feinfühliger Mensch bin ich ins Gymnasium, vor allem in jüngeren Jahren, oft mit Angst gegangen, und noch öfter dort untergegangen. Hier jedoch hatte ich Raum mich langsam zu entfalten. Ich bin sehr dankbar und sehr glücklich darüber, dass ich auf die MOS gehen durfte!

 

Lia
13. Klasse Sozialwesen

 

P.S. Es sind natürlich immer auch die Lehrerinnen* und Schülerinnen* gemeint :) 

 

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

„ Liebe Einzelkinder ihr seid nicht alleine!“

Als Einzelkind ohne Geschwister aufzuwachsen kann eine einzigartige und manchmal schmerzhafte Erfahrung sein. In diesem ausführlichen Aufsatz möchte ich mein persönliches Erlebnis teilen und aufzeigen, wie ich mit den Herausforderungen umgegangen bin, die mit dem Aufwachsen als Einzelkind ohne Geschwister verbunden sind. Ich möchte anderen Einzelkindern Mut machen und ihnen zeigen, dass sie nicht allein sind, sondern eine wunderbare Gemeinschaft von Menschen bilden, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben. Das Fehlen von Geschwistern in meinem Leben war oft eine Quelle der Einsamkeit. Ich fühlte mich allein gelassen, ohne jemanden, der meine Freuden und Sorgen teilen konnte. Die Stille und Leere in meinem Zuhause verstärkten dieses Gefühl der Isolation. Ich sehnte mich nach einer tiefen Verbundenheit und nach jemandem, der immer für mich da war. Diese Einsamkeit trieb mich dazu, nach Wegen zu suchen, um sie zu überwinden und mich in meiner Einzigartigkeit zu akzeptieren. Um die fehlen...

Wie es (für mich) ist, Transgender zu sein

  „Bist du ein Junge oder ein Mädchen?“ Diese Frage wird meist verunsichert gestellt. Meine Antwort: ein Junge.    Ich bin Transgender, genauer gesagt FtM, das ist die Abkürzung für Female to Male. Das bedeutet für mich, ich wurde im falschen Körper geboren; ich bin quasi männlich, aber in einem weiblichen Körper gefangen. Direkt zu Anfang möchte ich allerdings klarstellen, dass viele Menschen sehr gut mit dem Thema umgehen. Meine Klasse hat sich nach dem Outing in der 11. sehr schnell auf den neuen Namen und die Pronomen umgestellt und auch die Schule und meine Familie gehen sehr unterstützend mit dem Thema um. In diesem Text würde ich allerdings gerne über die andere Seite des Ganzen sprechen. Ich schreibe in diesem Text meine persönliche Sicht auf das Ganze, was bedeutet, dass dies keinesfalls verallgemeinert werden sollte.   Zuerst einmal stellen das Problem eher Begrifflichkeiten da. Es geht nicht darum, jeden Begriff genau unterscheiden zu können; ich behaupte ...

Wenn Cybermobbing Alltag wird. - Der Fall Rainer Winkler

Unter seinem Internet Pseudonym „Drachenlord“ veröffentlicht der YouTuber Rainer Winkler seit 2011 Videos im Internet. Durch seine polarisierende Persönlichkeit und umstrittene Aussagen die er im Laufe seiner Karriere tätigte, zieht er vor allem negative Aufmerksamkeit auf sich und seinen Kanal. Doch der „virtuelle Hass“ weitete sich zunehmend auch auf sein Privatleben außerhalb von YouTube aus. Es bildete sich ein regelrechter Personenkult um Rainer Winkler, welcher durch Hasskommentare, denunzierende Videos und Schmählieder im Netz zelebriert wurde. Der vorläufige Höhepunkt des sogenannten „Drachengames“ ereignete sich im Jahr 2014. Nachdem Unbekannte Rainers Schwester telefonisch terrorisierten, gab dieser leichtsinnigerweise seine Wohnadresse bekannt – dies veränderte sowohl seinen Alltag als auch den Alltag der Bewohner des beschaulichen Altschauerberg erheblich. Der Hass aus dem Netz beeinflusst seitdem auch das Leben außerhalb von Youtube, fast täglich „pilgern“ die Hater aus ga...